VW Bulli T2 KTW

Autoambulanza dela Valle Sabbia
oder
Wie man an einen Krankenwagen kommt

Wie gesagt… in Italien, am Laggo Maggiore. Das sind gut 850km und wie das Teil nach Hause kriegen? Aber erst mal Kriegsrat mit meiner Frau und dem Sparbuch halten und siehe da – nach einigen Zugeständnissen für unseren Garten erhielt ich blaues, nein grünes Licht und das Sparbuch wurde geplündert. Für die Ersteigerung hatte ich mir ein Limit gesetzt das auch nicht überschritten wurde und so hatte ich das Teil schließlich für rund 1800€ ersteigert. Aber nun?

Zum Glück habe ich ja meinen Schwager der für solche Verrücktheiten immer zu gebrauchen ist, wir fuhren nach Italien. Also Donnerstag gekauft, Freitag rote Nummer etc. besorgt, Samstag los. Ich hatte ja schon einen Krankenwagen. Den hatte ich durch Kontakte im Internet bekommen und kurz vor der polnischen Grenze abgeholt. Dieser Mercedes 200 Bj.1967 von Binz wurde gerade restauriert und dafür schaut man ja öfter mal wegen Ersatzteilen und Ausrüstungsteilen bei ebay vorbei. Eines Tages im März 2004 stand doch da ein 1979er Bulli KTW ( T2b mit 1600 ccm Motor ) aus Italien im Netz.

Wir kamen abends gegen zehn Uhr in Varese an und haben erst mal ein Zimmer gesucht. Laut Telefonaten mit dem Besitzer des Bullis sind es 12° und frühlingshaft – als wir ankommen liegt Schnee. Riccardo, der Besitzer, hat mir gesagt er wäre nicht da, ein Freund übergibt mir den fahrbereiten Wagen.

Morgens um 9.30h treffen wir uns mit Pietro und fahren zum Bulli. Der steht nicht wie auf den Fotos auf einem Parkplatz vor einer Garage nein, der steht in einem Park einer italienischen Villa hinter Büschen und Schilf tiefverschneit mit fast platten Reifen in knöcheltiefem Matsch……

Später erfahren wir das Riccardo den Wagen in einer Art Kompensations-geschäft im Jahr 2001bekommen hat, er hat einen Oldtimer verkauft und der Käufer hat einen Teil mit Geld und den anderen Teil mit dem Krankenwagen bezahlt. Seitdem wurde der Wagen nicht mehr bewegt. Ausgemustert wurde der Wagen 1999 und dann an o.g. Oldtimerkäufer verkauft.

Nun ja, man ist ja einiges gewohnt – schaun wir uns den Wagen genauer an. Batterie haben wir dabei, angeklemmt, Verteilerkappe runter, Finger säubern, starten – läuft. Und zwar super! Öl haben wir dabei, ist aber noch wie neu. Scheibenwischer fehlen, einen haben wir dabei, mal schauen. Beleuchtung kontrollieren……keine Beleuchtung, nirgends !?

Sicherungen kontrollieren, ok ? Allgemeines rätseln, ich fahre schließlich die halbe Zeit in der Nacht und durch etliche Tunnels. Ein Freund von Pietro klopft gegen einen Scheinwerfer, der fällt nach hinten in den Lampenkasten. Wir schrauben die Scheinwerfer auseinander und was wir sehen haut glatt die Trage aus dem Krankenwagen. Die Birnen, sorry Leuchtmittel, fehlen und alle Kabel mit Anschlüssen sind gekappt!!! Wir schrauben die Blinker auseinander, keine Lampen, kein Blinker, kein Bremslicht, kein Fahrlicht – alle Birnschen ausgebaut!!!! Und ich habe mittlerweile Wasser im Schuh und Schaum vorm Mund.

Ok, Birnschen zu besorgen, Samstags mittags in Italien, erscheint machbar, aber komplette Einsätze für die Hauptscheinwerfer? Es wird hecktisch telefoniert mit Riccardo auf italienisch, Pietro bemüht sich, wir besprechen alles auf englisch, ich mit meinem Schwager auf deutsch, dann wieder mit Pietro auf deutsch, nein auf englisch und mit meinem Schwager auf englisch oder so….ich weiß jetzt wie das in Babilon war!

Pietro hat eine Adresse für Ersatzteile! Es ist bald 11°°h und wir müssen ja nur noch 12Std. fahren. Pietro sagt, er ist in 15 min zurück, na ja.

Zeit den Wagen noch mal näher anzuschauen.

Kein Rost, Motor sauber und Kupplung seidenweich, zwei kleine Katschen im Lack. Reifen gut, Radkappen fehlen. Blaulichter ok, Lampen fehlen und eine falsche Kappe….ich weiß schon wo ich die Richtige bekomme.

Eine Sirene auf dem Dach, so etwas wie eine Luftschutzsirene – haben wir später ausprobiert und hört sich auch genau so an. Und der Innenraum vorne und hinten wie neu, komplett, traumhaft (soweit man das von einem KTW –Krankentransportwagen – behaupten kann). Keine Beschädigungen, Trage vorhanden, komplette Sauerstoffanlage, da ist sorgar noch einiges drin, Tragestuhl und in den Schubladen……die abgeschnittenen Anschlüsse der Hauptscheinwerfer!!!!

Die habe ich dann vorsorglich schon mal abisoliert und nach einer guten Stunde kam Pietro schließlich mit den Ersatzteilen. Er hatte auch eine Werkstatt organisiert. Also Motor an und mal gerade um die Ecke, quer durch die ganze Stadt, einen kleinen Paß runter auf´s platte Land in die Werkstatt. Kein Problem mit fast platten Reifen und ohne Blinker – die Italiener fahren schließlich alle so und zudem funktionierte ja noch meine Hupe und offensichtlich auch die der anderen Italiener!!

Die Werkstatt hatte dann allerdings mein vollstes Vertrauen. So eine Art italienische Hinterhofwerkstatt in der seit 20 Jahren nicht mehr aufgeräumt worden ist aber mit einem Mechaniker, der alles voll im Griff hat und offensichtlich auf (alte) Landrover spezialisiert ist. Hier geht normalerweise nichts schief. Mittlerweile ist es 13°°h und wir haben…..aber das sagte ich ja schon. Also erstmal Mittagspause, danach noch ein anderes Auto und dann wir und dann …ist mir der Kragen geplatzt. Es wurde 10min heftig gefochten – Mechaniker/Pietro italienisch – Pietro/ich englisch – Pietro/Mechanico italienisch – ich/Pietro deutsch, nein bitte englisch – ich/Mechaniker englisch, spricht aber nur italienisch……

Also gut, das Fahrzeug ist in einer halben Stunde fertig!!! Jetzt aber, Mechaniker an Lampen vorne, zweiter Mechaniker an Lampen hinten, rote Nummern festgeschraubt und Luft in Reifen, Öl nachgesehen und nachgefüllt. Scheinwerfer am Werkstatttor eingestellt, wenigstens so ungefähr und Blaulichter zukleben nicht vergessen. Wir sind um 13.30h startbereit. Die Kosten vom Mechaniker übernimmt Pietro, ich bezahle und los geht´s. Durch Varese erhalten wir offensichtlich wegen der italienischen Aufschrift und deutscher Kennzeichen einige freundliche Zurufe : Ciao und mach´s gut. Die ersten Kilometer fahren wir vorsichtshalber Landstraße, der Wagen fährt einwandfrei.

Die schweizer Grenze ist schnell erreicht, der Zöllner fragt freundlich ob ich Waren anzumelden habe, ja… den Krankenwagen – ich kann weiterfahren.

Von dort an haben wir Sauwetter, aber ich habe ja wenigstens einen Scheibenwischer, einen zweiten haben wir nirgends mehr bekommen. Deutscher Zoll, ich lasse vorsichtshalber den Scheibenwischer aus. Weiter auf der Autobahn nach Hause, wo wir um 3°°h morgens ankommen. Der Wagen lief und lief und… ich habe mir geschworen : nie wieder……, zumindest bis zum nächsten Mal !!

Resümee

Zu Hause angekommen habe ich die Fahrt schon nicht mehr bereut.

Im Grunde genommen ist das Fahrzeug in einem einmalig guten Erhaltungszustand. Wahrscheinlich nur in der Garage stehend und gut gepflegt hat es 25 Jahre konserviert überlebt. Der Tacho zeigt 52000km.

Nach einigen kleinen Arbeiten am Wagen ist er soweit in Ordnung.

Erstmal wurde er komplett gesäubert und poliert, ein paar Kleinigkeiten ausgebessert, Scheibenwischer montiert, die richtige Blaulichtkappe besorgt, Motor-Zündung-Bremsen eingestellt, Radkappen drauf und hintere Stoßstange ausgetauscht , teilweise wurde der Wagen neulackiert, Nebelscheinwerfer montiert etc.

Mittlerweile ist er schon auf mehreren Ausstellungen und Oldtimerausfahrten gewesen und es macht Spaß den Bulli zu fahren.